Heute vor einem Jahr steckte ich inmitten einer sehr ungesunden Work-Life-Balance, hatte eine krasse Sommer-Saison hinter und einen Herbst voller Veränderungen vor mir. Im Oktober 2021 habe ich mein gesamtes Business einmal auf links gedreht, habe mich von vielen Altlasten getrennt und begonnen, mehr Balance in mein Leben einzuladen. (Vielleicht erinnerst du dich noch an meinen freien Dezember? Falls nicht, hier lang.) Und damit fiel der Startschuss für ein Jahr 2022 voller Veränderungen und Neuanfänge.
Ich erzähle dir das, weil es erst durch diesen Umschwung vor einem Jahr möglich war, dass ich dann im Frühjahr 2022 den Entschluss gefasst habe, mir einen meiner größten Herzenswünsche zu erfüllen, den ich bis dahin schon zig mal begraben hatte: einen Zweithund zu Poul. Genauer gesagt: Einen Welpen.
So ist also am 11. September 2022 dann Pinu’u bei uns eingezogen. Ein 16 Wochen alter Labrador Retriever Welpe aus Arbeitslinie (zum Zeitpunkt, wo ich diesen Artikel schreibe), der mein gesamtes Leben erneut auf links gedreht hat. Wie diese ersten Wochen mit unserem kleinen Wildfang ausgesehen haben, das erzähle ich dir jetzt im ersten Beitrag dieser Blogreihe. Weil ich der festen Überzeugung bin, dass irgendjemand genau diese Zeilen grad gut gebrauchen kann. Vielleicht bist es gerade du in diesem Moment, wenn du das liest, während im Hintergrund dein eigener Welpe Radau macht.
Vielleicht chillst du mit deinem Oldie auf der Couch und grübelst schon lang, wann der richtige Zeitpunkt für einen Zweithund ist? (dann findest du hier eine sehr ehrliche Antwort, was dich erwarten könnte.)
Der Hauptgrund aber, warum ich diese Zeilen schreibe ist: Weil diese ersten Wochen mit Pinu’u bereits wie im Flug an mir vorbeigezogen sind und es mir schon jetzt schwer fällt, alles „zusammenzukratzen“. Also: Tun wir was dagegen! Und jetzt viel Spaß beim Lesen.
Aller Anfang ist schwer? Wart’s ab!
Inhaltsverzeichnis
ToggleGanz ehrlich: Die ersten Tage mit Pinu’u waren rückblickend betrachtet die Schönsten und Entspanntesten. Das Abholen lief super, die Autofahrt war zwar mühsam (weil lange und mega viel los), aber der kleine Hund hat all die neuen Reize auf zig Raststätten weggesteckt, als hätte er die ersten 8 Wochen seines Lebens dort gewohnt.
Die ersten Tage waren wirklich EASY. Firlefanz im Vergleich zu allem, was danach kam. Die Nächte? Ach, was waren die ruhig. Kein Jammern, kein Frustschieben. Ich konnte die Box offenlassen, es war ihm total egal: erst hat er unter meinem Bett geschlafen, und sich dann in die Box gelegt. Und auch mit Poul hat das Zusammenleben super geklappt – von Anfang an. (Dazu ein anderes Mal mehr.)
Ich dachte schon: „Hach, wird das einfach.“ Und dann ging die Party erst so richtig los.
Zwischen Genie und Wahnsinn
Stellte sich heraus, dass er nach ein paar Tagen erst richtig angekommen war und von Tag zu Tag mutiger, selbstbewusster und noch sicherer durch die Gegend wackelte. Und so vor ihm und seinen Beisserchen nichts mehr sicher war. Weder unsere Wohnung, noch unsere Hände- noch die Kröte im Garten, die er nachts plötzlich apportierte und mir damit einen Riesen Schreck bescherte.
(Kurzer Einschub dazu: Wenn euer Hund jemals eine Kröte im Maul haben oder beschnuppern/abschlecken sollte: SOFORT Maul ausspülen, viel trinken lassen und gut beobachten. Wenn Symptome auftreten: Einpacken und ab zur Tierklinik. Keine Zeit verschwenden! Wir hatten wirklich riesengroßes Glück, dass Pinu’u so glimpflich davongekommen ist.)
Darauf folgten viele „erste Male“ für den kleinen Mann: kleine Mini Ausflüge in unsere Umgebung, die ersten Hunde Begegnungen, Jogger, Fahrradfahrer, Kinder, neue Geräusche, Untergründe & Co. Bei alledem war er super aufmerksam und folgsam, super selbstsicher und neugierig. Allgemein ließ sich schon mit diesen ersten gemeinsamen Erfahrungen erahnen, was für ein schlaues und arbeitswütiges Kerlchen in ihm steckt. Und das bestätigte sich von Woche zu Woche.
Ist das normal?
Doch mit zunehmender Selbstsicherheit wuchs auch der Radius im Garten sowie die Neugier in der Wohnung und die Emotionen im Allgemeinem. Ich erinnere mich noch sooooo haargenau an diesen einen Tag, wo diese Heile-Welt-Stimmung gekippt ist. Bis dahin war ich zwar gefordert und es war anstrengend, aber ich war nie wirklich frustriert oder krass gestresst. Bis zu diesem einen Tag.
Es war der Tag, an dem auch unsere Welpentrainerin das erste Mal zu uns nach Hause kommen sollte. Und genau an diesem Tag stand ich bereits morgens mit meinem 10 Wochen alten Welpen im Garten und war irgendwas zwischen geschockt und verzweifelt.
Da stand ich auf dem Gartentisch in Jogginghose mit fetten Augenringen, während diese kleine Kröte an der Bank zum Gartentisch nagte und mich immer wieder anbellte, verdammt nochmal runter zu kommen. (Grüße gehen raus an meine Nachbarn für dieses seltsame Bild)
Ist jetzt ja nicht so, dass die Aussicht von da oben so toll wäre oder ich gerne auf den Tischen von unseren Nachbarn im Garten tanze. Ich habe mich lediglich vor einer seltenen Gattung der wildgewordenen Schnappschildkröte in Sicherheit gebracht. Und zwar so lange, bis das kleine Hirn wieder zum kleinen Hund zurückgefunden hat. (Was ein wenig gedauert hat.)
Ironie Off: Das war wirklich der erste Moment, wo ich mit 1000 Fragezeichen dastand und mich fragte: „Was zum Teufel?!?“ „Was mache ich jetzt?“ Und allen voran die große Frage: „Ist das normal?“
Und ja, hier realisierte ich dann auch: Sooooo easy wird das wohl doch alles nicht.
1000 Fragezeichen & schlaflose Nächte
Seine Welpentrainerin bestätigte mir bei ihrem ersten Besuch meine Befürchtungen und warnte mich vor, dass uns das Thema mit der Beißhemmung wohl noch etwas begleiten würde. Vor allem mit dem bevorstehenden Zahnwechsel. (In dieser Phase sind wir aktuell übrigens und ich kann nur sagen: Ja, sie hatte Recht.)
Und für alle, die sich aktuell ebenso die Frage aller Fragen stellen, ob das denn normal ist: Ja, eigentlich schon.
Das Ding ist nur: Wenn du halt vorher ein Lämmchen von Hund als Ersthund (*hust* Poul) hattest, der weder an dir hochgesprungen, noch an deine Sachen gegangen ist und schon gar nicht gebissen hat – dann fragst du dich halt, was du jetzt falsch machst und ob das so normal ist.
Doch nicht nur seine Beißerchen waren ein leidiges Thema. Auch sein Magen-Darm-Trakt spielte nach den ersten Tagen völlig verrückt. Was wir erstmal für normal empfunden haben (da er ALLES ins Maul genommen hat, was er nur finden konnte) endete in einer wochenlangen Odyssee mit großem Rätselraten, einer langwierigen Futterumstellung und einem dauerhaft hungrigen, frustrierten und beißwütigen Welpen.
(Keine gute Kombination, kann ich dir sagen.)
Dass dies auch 3 Wochen lang durchgehend schlaflose Nächte beinhaltete, in denen ich stündlich mit ihm raus ging, sei als Fakt nebenbei erwähnt, war aber nicht mal das Schlimmste. Das Schlimmste war die wachsende Sorge um dieses kleine Lebewesen und nicht zu wissen, was man ihm noch füttern kann. Gefühlt (und praktisch) blieb da einfach nichts drin in dem kleinen Kerl und dementsprechend unentspannter wurde ich mit der Zeit.
Ich erspare euch an dieser Stelle unsere Tierarztbesuche, mit denen ich so semi-zufrieden war und komme direkt zum Endergebnis davon:
Im Endeffekt habe ich mich dazu entschieden, eine Darmschonkost für ihn frisch zu kochen und ihn damit aufzupäppeln. Unterstützung habe ich mir durch eine Rationsberechnung einer Ernährungsberaterin geholt. (Macht das unbedingt, wenn ihr in einer ähnlichen Situation seid!)
Damit konnten wir nach 3 Wochen anhaltenden Durchfall endlich Ruhe in sein System bringen und ich war einfach nur erleichtert, dass er wieder fraß und zunahm.
Dennoch war diese Zeit alles andere als schön, zumal natürlich auch die Sozialisierung darunter gelitten hat. Durch den ständigen Hunger und sein Bauchweh hat sich noch mehr Frust im Hündchen angesammelt und einige Themen wurden dadurch sehr „gepusht“, an denen wir nun heute in Ruhe und mit viiiiel Geduld arbeiten. (Stichwort: Schnappschildkröte.)
Und wenn du jetzt denkst: „Puh, kommt da auch noch was Positives?“
Dann kann ich dich beruhigen: Ja, natürlich. Es gibt täglich auch viele wundervolle Momente.
Doch weißt du, genau das ist noch so ein trügerisches Ding an der Welpenzeit. Man fokussiert sich so schnell auf die Dinge, die halt nicht so supi laufen. Es ist auch so viel einfacher, das zu sehen, was nicht gut läuft, als die kleinen täglichen Fortschritte zu sehen, die von statten gehen.
Darum gebe ich dir an dieser Stelle einen Tipp einer guten Freundin von mir weiter, der auch mir sehr geholfen hat: Schreib jeden Tag drei Dinge auf, die gut gelaufen sind. So rückst du auch mal das in den Vordergrund, was schon gut läuft und nicht nur das, was halt anstrengend und mühsam ist. Ein kleiner Realitätscheck pro Tag und alles ist halb so schlimm.
Apropos Realitätscheck.
Welcher Tag ist heute?
Ich sag’s dir. Nicht nur einmal hab ich in meiner Instagram Story einen schönen Sonntag gewünscht, obwohl erst Samstag war. Und überhaupt ist das Zeitgefühl, wenn ein Welpe einzieht, irgendwie absoluter Murks. Alleine an einem einzigen Spaziergang passiert so viel, dass man oft komplett den Überblick verliert, was man jetzt wann gemacht hat.
Und allgemein muss ich sagen, zieht sich so ein Tag mit einem Welpen ganz schön in die Länge. Die Tage verschwimmen wie die Wochen und in regelmäßigen Abständen wundere ich mich dann, wenn ich feststelle: “Was, der ist erst 6 Wochen bei uns?” Gefühlt waren das nämlich 6 Monate bis hierhin. Also mein Zeitgefühl war vorher schon nicht vorhanden mit meiner Selbstständigkeit – seit Pinu’u eingezogen ist, ist es völlig hinüber.
War es das wirklich wert?
Ja, die Welpenzeit ist zweifelsohne crazy. Intensiv und ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Und in regelmäßigen Abständen kommt eine Frage besonders oft immer und immer wieder hoch: “War es all das wirklich wert? Und würde ich es wieder tun?”
Während ich das schreibe, haben wir übrigens Montags abend, 20:00 Uhr und ich habe ein wahnsinnig anstrengendes Wochenende mit viel Gegenwind seitens Pinu’u hinter mir. Dennoch bin ich heute mit neuem Mut in den Tag gestartet und habe mich auf das Wesentliche konzentriert: Ruhe zu üben und die Ruhe in Person zu sein. Und jetzt gerade könnte ich nicht glücklicher darüber sein, dass er sich im Welpenauslauf von sich aus hingelegt hat und eingeschlafen ist. Das war gestern um genau diese Uhrzeit ein Ding der Unmöglichkeit.
Was ich damit sagen möchte: Diese Welpenzeit ist ein absolutes Gefühlschaos in meinem Empfinden. Ich habe ja wirklich eine Engelsgeduld mit Hunden, aber selbst ich habe mal die Schnauze voll von dem Quatschkopf und frage mich, warum um Himmels willen ich unbedingt nochmal einen kleinen Hund aufziehen wollte. Wo ich doch so ein entspanntes Leben mit Poul alleine hatte.
ABER DANN GIBT’S HALT AUCH DIESE ABSOLUTEN HYGGE MOMENTE,
DIE ANDERS SCHÖN REINKICKEN.
Wo er sich auf den Rücken schmeißt, mir mit seinem leicht verrückten Blick in die Augen schaut, alle Pfoten in die Luft wirft und sich fest durch kuscheln lässt.
Wie er mir zu jeder Tages- und Nachtzeit irre fröhlich entgegen gerast kommt, ganz schnell und eifrig irgendwas anschleppt und der ganze Hund voller Freude wedelt und tanzt.
Wenn ich ihm etwas Neues beibringe und er es einfach so schnell kapiert, was ich von ihm möchte, dass ich es jedes Mal kaum glauben war, dass das jetzt so einfach war.
Überhaupt merkt man so krass, wie er für sein Leben gerne einfach etwas tun und arbeiten möchte. Egal ob das neue Begegnungen sind, neue Reize, an der Leine gehen bedeutet oder wir ein paar Basics für die Dummyarbeit trainieren. Er hat ein richtiges Glänzen in seinen Augen und ist so hoch motiviert bei mir, dass ich immer wieder ins Staunen komme. Diese Momente sind unfassbar schön und wiegen für mich persönlich all die wahnsinnigen haarsträubenden Zeiten wieder auf.
Also: “War es das alles wert und würde ich es wieder tun?
Ja, ich würde es wieder tun. (Wenn auch erstmal sehr lange nicht) Ich würde mir auch genau diesen einen Welpen nochmal aussuchen, was vielleicht nach diesem ganzen Roman für manche crazy klingen mag, aber irgendwie auch nicht.
Mittlerweile ist Pinu’u schon 6 Wochen bei uns. Und wie du dir denken kannst fühlt es sich nach weit mehr als 6 gemeinsamen Wochen an. Dies immer wieder im Hinterkopf zu haben und zu realisieren, wie viel sich eigentlich in nur 6 Wochen schon getan hat ist der wahre Gamechanger hier.
Und wo wir schon bei Gamechangern sind, hier kommt noch einer. Als kleines Fazit zum Schluss.
Fazit: Es wird besser.
So anstrengend und intensiv diese ersten Wochen mit Welpe also auch waren – so hat mir eines immer sehr geholfen: eine mentale Stütze. Mir hilft es beispielsweise enorm, wenn ich mich mit Leidensgenossin*innen austauschen kann. Oder ich einen erwachsenen Hund treffe, der früher genauso eine Schnappschildkröte war und heute wunderbar zur Ruhe kommt.
Einen Satz, den ich in den letzten Wochen immer und immer wieder von anderen Hundehalter*innen zu hören bekommen habe war: „Glaub mir: Es wird besser.“
Drei kleine Wörter, die so wirkungsvoll und einfach ein wunderbarer Reminder für jeden Tag sind, wenn es mal besonders anstrengend wird.
Also geht das jetzt auch an dich, falls du es grad brauchst:
Ist die Welpenzeit anstrengend? JA.
Ist es manchmal viel? JA.
Hat man manchmal das Gefühl, es wird gar nix besser? VERDAMMT JA.
Aber: Es wird besser.
Tag für Tag. Woche für Woche. Monat für Monat.
(Wir verdrängen an dieser Stelle, dass die Pubertät noch kommt)
Das Geheimrezept?!
Mehr genießen und weniger Sorgen machen ist glaub ich das wahre Geheimrezept in der Welpenzeit.
Klingt so einfach, ist es absolut nicht. Aber da du nun wirklich schon einen halben Roman gelesen hast, gibt es die Fortsetzung dazu ein anderes Mal. Mal sehen, ob wir bis dahin den “Endgegner Schnappschildkröte” abhaken können. Ich werde berichten.
#undjetztalle #eswirdbessereswirdbessereswirdbesser
PS: Wenn du bis hierhin gelesen hast, lass doch mal ein paar Worte in den Kommentaren da, wie du die Welpenzeit in Erinnerung hast. Ich bin gespannt und freu mich ehrlich sehr, von dir und deinen Erfahrungen zu lesen.
Alles Liebe, deine Michaela
PPS: Mit besten Dank an die Fotos, als wundervolle Erinnerung an diese wahnsinnig chaotische Anfangs-Zeit zusammen: Anika Ecker / Herzn’sgschichtn