Wenn du wie ich in der Kreativbranche tätig bist, dann hast du dich wohl oder übel sicher auch schon mal mit dem Thema „Freundschafts- und Familienpreise“ beschäftigt. Vermutlich nicht ganz freiwillig, richtig?
Da dieses Thema auch immer und immer wieder bei meinen Kund*innen im 1:1 Mentoring sehr präsent ist, plaudere ich heute mal aus dem Nähkästchen.
Warum ist das Ding mit den Freundschaftspreisen auf vielen Ebenen problematisch und schadet dir so viel mehr, als es dir nützen kann? Das schauen wir uns jetzt gemeinsam an, sodass du am Ende selbst entscheiden kannst, ob es in deinem (Fotografie) Business Freundschaftspreise geben soll – oder nicht.
Was ist überhaupt ein Freundschafts- oder Familienpreis?
Inhaltsverzeichnis
ToggleKurz und knackig: Es ist der Preis, den du deiner Familie und Freunde für deine Dienstleistung in Rechnung stellst. Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass sie im Vergleich zu „normalen“ Kund*innen nicht den vollen Preis bezahlen, sondern einen Preisnachlass erhalten. Wie hoch, entscheidet dein Gegenü… äh… du natürlich!
Warum Freundschaftspreise so problematisch sind
„Du hast doch eine Kamera. Kannst du mal ein paar Fotos von mir machen?“
„Ich brauch die Fotos eh nur unbearbeitet. Kann ich sie dann günstiger haben?“
„Boah, also das kann ich mir nicht leisten, kannst du das nicht einfach so machen?“
„Du hast ja eine gute Kamera. Kannst du mir helfen, ein neues Bewerbungsfoto zu machen?“
Jetzt mal ehrlich: Liest sich das für dich so, als kämen diese Worte von einer richtig guten Freundin? Oder eher von jemanden, der keinen Funken an Wertschätzung für deine Dienstleistung übrig hat, sie aber gern voll und ganz (und bitte schnell) beanspruchen möchte?
Dacht ich mir…
Genau das ist in meinen Augen auch das größte Problem mit Freundschaftspreisen: Sie katapultieren dich von jetzt auf gleich in so unglaublich unangenehme Situationen.
1. Deine Arbeit wird nicht wertgeschätzt
Wenn du Freundschaftspreise anbietest, musst du dir darüber im Klaren sein, dass du dich damit immer unter Wert verkaufst. Ja, richtig gelesen. Immer. Warum, ist einfach erklärt: Ich setze voraus, dass du deine Preiskalkulation nicht aus Willkür getroffen hast, sondern mit Plan dahinter. Es macht also für dich einen gewaltigen Unterschied, ob du mit einem Auftrag den benötigten Mindestumsatz erreichst oder du deutlich weniger verdienst, jedoch den gleichen Aufwand betreibst.
Freundschaftspreise implizieren eben, dass deine Arbeit, wenn du sie für Freunde oder Familie erbringst, weniger wert ist als für „normale Kund*innen“. Weil du eben die gleiche Leistung für weniger Geld erbringst.
Die Frage ist doch: Warum erwartet eine Person, die dir super nahesteht und weiß, wie viel Zeit, Herzblut und Geld du in dein Business steckst überhaupt einen Preisnachlass? Ja, warum ist das überhaupt so ein Ding und warum passiert das ausgerechnet soooo oft in der Kreativbranche wie in der Fotografie?
Also deinen Freund Thomas, der zufälligerweise auch Zahnarzt ist, würdest ja auch nicht fragen, ob er dir die nächste Plombe einfach schenkt. Kann man doch mal unter Freunden machen oder? 😛
So, warum also fragen dich bloß immer wieder Freunde nach Rabatten & Co?
Trommelwirbeeeeelll…
Weil du es zulässt.
Wenn du dir Wertschätzung für deine Arbeit wünscht, dann ist es ein NO-GO, dass du anderen immer wieder einräumst, dass sie deinen Wert drücken und schieben können, wie sie grad Bock (und Geld) haben.
2. Dein Selbstwertgefühl geht flöten
Was passiert, wenn dich nahestehende Menschen, die dich als Person wertschätzen sollten, immer und immer wieder fragen, ob du dieses und jenes für lau machen könntest?
Bingo: Es fühlt sich verdammt scheisse an!
Schlimmer noch: Umso öfter du deinen tatsächlichen Wert untergräbst, umso schneller verlierst du deinen tatsächlichen Wert aus den Augen. Am Ende zweifelst du nicht nur den deiner Dienstleistung an, sondern auch den Wert deiner Person.
Am Ende hinterfragst du alles: „Bin ich überhaupt schon gut genug, um Geld für meine Fotos zu verlangen?“ „Kann ich jemals von meinem Fotografie Business leben?“ „Wie schaffe ich es, meinen Umsatz endlich anzuheben, damit ich meinen Job kündigen kann?“
Fakt ist: Freundschafts- und Familienpreise helfen dir nicht dabei.
3. Die Freundschaft leidet darunter
Na gut, simma uns ehrlich: Zu Beginn einer solchen freundschaftlichen Geschäftsbeziehung *hust* leidet eigentlich nur eine Person – und zwar du.
Weil du eben im Zwiespalt bist, ganz einfach. Du möchtest deine Freunde und Familie natürlich nicht enttäuschen. Trotzdem sagt dir dein Bauchgefühl seit Sekunde eins: „Ey, lass das nicht machen! Fühlt sich nicht gut an!“
Trotzdem ist da diese kleine nörgelnde Nervensäge namens Angst: Nicht zu wissen, wie deine Freunde darauf reagieren. Angst vor den Reaktionen, wenn du sagst: „Nö, mach ich net.“ Sorge darüber, dass die Freundschaft neben deinem Selbstwertgefühl auch die Biege macht.
Und ich möchte dir an dieser Stelle ehrlicherweise sagen: Genau wegen solchen „Freundschaftspreisen“ sind auch schon ein paar Freundschaften zerbrochen. Ja, mein ich jetzt ernst. (Mehr dazu kannst du hier in dieser Podcastfolge zum Thema „Freundschaft im Business“ anhören.)
Was ich dir damit verdeutlichen möchte: Du tust dir damit einfach keinen Gefallen.
Ich weiß, ich weiß. Du denkst, dass du allen damit einen Gefallen tust. Dir, weil du dann niemand enttäuschen musst, deinen Freunden, die dann happy sind und deinem Business, dass dann… ach ne. Sorry, streich das letzte.
Wenn du stattdessen sofort, wenn dich jemand nach einem Freundschaftspreis fragt, klar kommunizierst, dass es das nicht gibt (ohne Rechtfertigung), schützt du dich vor so vielen weiteren unangenehmen Situationen und somit auch diese Freundschaft.
4. Einmal günstig, immer günstig, goi!
Fakt ist halt auch: Hast du dir das einmal angefangen, kommst du auch verdammt schlecht wieder raus. Frag dich das einfach mal selbst: Wann ist denn dann der Zeitpunkt, an dem du dann doch den vollen Preis verlangen möchtest? Und wo fängt eigentlich Freundschaft an und wo hört sie auf? Was machst du, wenn eine frühere Schulfreundin zu dir kommt, dann die Tante Helga und dann die Cousine, die von der Tante gehört hat, dass du…..
(Du verstehst meinen Punkt.)
Das größte Dilemma bei Freundschaftspreisen ist, dass du dich damit einfach ganz falsch positionierst. Sprich: Es wird verdammt schwer sein, irgendwann mit deinem tatsächlichen Preis um die Ecke zu kommen. Weil sich die Menschen selbstverständlich dann fragen: „Gut, was ist jetzt anders? Sind wir jetzt plötzlich nicht mehr befreundet oder was?“
Darüber hinaus sendest du eine nicht unbedeutende Message in die Welt und zwar: „Na klar, ich hab Preise, aber Hey – Alles verhandelbar!“
Dass diese innere Einstellung nicht grad zu zahlungsfreudigen und wertschätzenden Kunden führt, ist denk ich selbsterklärend. Stehst du hingegen für dich und deinen Wert ein und kommunizierst das auch ganz klar, ziehst du Kund*innen an, die genau deiner Meinung sind und überhaupt keine Freundschaftspreise erwarten.
Win-Win für alle!
Das Ende vom Lied: Drama-Lama
Wie du siehst: Freundschaftspreise führen dich nicht nur in eine, sondern in verdammt viele unangenehme Situationen, wenn du einmal Raum dafür öffnest. Deshalb kann ich dir nur ans Herz legen, dir wirklich gut zu überlegen, ob du dich dem aussetzen möchtest oder nicht.
Und falls du dich dafür entscheidest, dann achte unbedingt darauf, zu welchen Bedingungen das für dich klar geht und auch in welcher Form. Wichtig ist: Du gibst hier die Regeln vor und nicht dein Gegenüber. Ganz egal, ob das deine beste Freundin ist oder deine Tante.
So vermeidest du hinterher nicht nur lange Gesichter, sondern sparst dir auch einiges an Drama.
Und wenn du dich jetzt fragst, wie ich persönlich das in meinem Business handhabe, woher meine klare Haltung heute rührt und wie sich Freundschaften im Business überhaupt integrieren lassen, dann höre liebend gern in meine dazu passende Podcastfolge rein.
In der Folge „Freundschaft im Business – Funktioniert das?!“ quatsche ich mit meiner guten Freundin und Business Partnerin Anna darüber, wie Freundschaft im Business funktionieren kann, was wir beide von Freundschaftspreisen halten und wo wir auch die Grenzen zwischen Freundschaft und Business ziehen.
Ich kann dir die Folge nur wärmstens ans Herz legen, du kannst sie hier kostenlos auf Spotify hören.
Also dann:
Immer schön NEIN sagen & zu deinem Wert stehen.
Deine Michaela